Savour the pain! - Genieße den Schmerz!

Heute morgen auf dem Weg zum Kindergarten habe ich mal wieder etwas gelernt.
Mein Sohn rennt los. Ich renne ihm hinterher. Es ist ein Spiel und manchmal spiele ich ja wirklich gerne. Aber dann schlüpfe ich zu gut in die Rolle des kleinen Kindes und stolpere über meine eigenen Füße, falle der Länge nach hin. Oh, diese Scham! Dieser Schmerz! Der Ärger über mich selbst...

Ich sehe das Loch am Knie meiner Jeans. Wie meine Sohn!
Ich sehe die aufgerissene Handinnenfläche, die sich ablösenden Hautfetzen, das noch hellrote Blut. Wie mein Sohn!
Ich würde am liebsten im Boden verschwinden, weil so etwas einem einfach nicht mehr passiert, wenn man 35 (oder 5) ist. Wie mein Sohn!
Am liebsten würde ich heulen, wie... aber da kommt eine andere Mutter. Argh. Zusammenreißen, Schmerz ignorieren, hoffentlich sieht sie die zerissene Hose nicht.

Erst auf dem Weg nach Hause, als ich meine linke Hand betrachte, die Innenfläche fleckig wie ein Granitstein mit roten sichelmondförmigen Verletzungen, mit fahlen abstehenden Hautfetzen, erst jetzt, wird mir das Geschenk klar und ganz bewusst lade ich den Schmerz ein. Ich spüre das heiße Brennen, so als sammele sich all meine Energie in der Hand. Ist das Magie? Ich sehe dem Blut zu, wie es langsam dickere Torpfen bildend sich außerhalb meines Körpers sammelt. Trennungsschmerz. Ich fühle den Widerstand, mit dem die Muskeln sich gegen Bewegung wehren, weil meine Selbstheilungskräfte nach Ruhigstellung und Entspannung schreien. Wow. Boah ist das geil. Leben. Das ist Leben.

Wie soll ich darüber schreiben, wie es sich anfühlt, wenn das gegnerische Schwert den eigenen Unterarm aufreißt, der dann trotzdem noch den Hieb der Waffe vollendet, wenn ich es nicht zu schätzen weiß, was das wirkliche Leben mir an Gefühl und Erfahrung bereitstellt?

Und wo wir schon mal dabei sind. Auch die Scham, dass mir DAS passiert ist, auch das So-tun-als-wäre-nichts-geschehen, auch das erste Ignorieren des Schmerzes, auch das sind Erfahrungen, die es auszukosten gilt.

Ich will schreiben. Und ich will wissen, worüber ich schreibe.

Comments

Oh ja, viel zu oft läßt man

Oh ja, viel zu oft läßt man sich von all diesen Konventionen der Erwachsenenwelt leiten. Ich erwische mich da auch viel zu oft dabei, dass ich etwas gegenüber meinem Sohn unterdrücke, den eigenen Drang, zu spielen, unkonventionelles zu tun, nur weil andere das als "kindisch" empfinden könnten.
Und wer nicht mehr in der Lage ist, aus Freude und Übermut herumzutollen, hinzufallen, der braucht sich auch nicht Wundern, wenn das Leben kaum mehr Spaß bereitet.

Also: Sei dem Kind ein Vorbild und fall weiter hin und genieße es, Erfahrungen zu sammeln.